"Ich kann´s einfach nicht, ich hab´s schon wieder vermasselt …!"

Wenn etwa Freunde oder Angehörige versuchen, diese Menschen aufzuheitern, oder ihnen z.B. versichern, dass etwa die Kritik des Chefs oder der Streit mit der Partnerin / dem Partner nicht so schlimm ist und dass man daraus sogar etwas lernen könnte, fühlen sie sich nicht verstanden. Menschen mit niedrigem Selbstwert haben häufig ein negatives Bild von sich und mögen es ebensowenig wie alle anderen Menschen auch, dass dieses Selbstbild infrage gestellt wird; vielmehr  wollen sie ihr negatives Selbstbild bestätigt wissen. Das hat zur Folge, dass sie eine kritische Bemerkung über sich selbst eher akzeptieren können als eine positive. Sie wollen auch nicht allzu schnell aus ihrer negativen Stimmung herausgeholt werden, denn sie sind häufig der Meinung, dass sie keine positive Bewertung verdient hätten und zudem ginge es ohnehin bald wieder abwärts. Als guter Freund oder Angehöriger sollte man hier eher Verständnis für diese negative Sichtweise zeigen, diese jedoch nicht übernehmen. Wenn zum Beispiel jemand davon überzeugt ist, dass sie / er alles falsch macht, dann sollte man die Verzweiflung hinter den Worten ernstnehmen, aber gleichzeitig auch das Gesagte relativieren. Ein Nachfragen, was denn genau schief gelaufen ist, signalisiert einerseits Interesse und kann dem Betroffenen andererseits durch die Reflexion auch eine andere Sichtweise bieten.

Dem gegenüber reagieren Menschen mit einem höheren Selbstwert  meist positiv auf Aufheiterungsversuche. Sie sind in der Regel sozial gut integriert, oftmals sehr beliebt, leben in einer partnerschaftlichen Beziehung , können sich kompetent durchsetzen und beschreiben sich selbst häufig als positiv.

Ein positiver Selbstwert ist für die meisten Menschen ein bedeutendes und erstrebenswertes  Ziel für ein gelungenes Leben. Einerseits beeinflusst das persönliche Kompetenzempfinden den Selbstwert sehr stark, andererseits trägt aber auch das körperliche Selbstbild beträchtlich dazu bei. Demnach hängt der Selbstwert damit zusammen, wie attraktiv sich eine Person findet. Spielen doch gerade in unserer Gesellschaft  Aussehen, Körpergewicht und Figur eine zentrale Rolle in der sozialen Bewertung. Deshalb üben soziale Rückmeldungen hinsichtlich des Aussehens, der Beliebtheit, der sozialen Kompetenz und Integration, geringer Schüchternheit, sowie wahrgenommener sozialer Unterstützung einen sehr starken Einfluss auf uns aus.

Was aber tun, wenn am eigenen Selbstwert gezweifelt wird und das „……ich kann's einfach nicht, ich hab's schon wieder vermasselt!“,  sich häufig ins Bewusstsein schleicht? Hier kann es hilfreich sein, sich mit den „vier Säulen“ des Selbstwerts auseinander zu setzen, nämlich mit:

der Selbstakzeptanz

dem Selbstvertrauen

der Sozialen Kompetenz und

dem Sozialen Netz.

Unter Selbstakzeptanz wird die positive Einstellung hinsichtlich der Zufriedenheit und des wertschätzenden Umgangs mit sich selbst verstanden. Das bedeutet, selbst dann mit sich einverstanden zu sein, wenn die eigenen Eigenschaften, Gewohnheiten oder Meinungen unbequem oder schwierig sind. Zur Selbstakzeptanz zählen aber auch die Fähigkeit und die Bereitschaft, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, sie anzunehmen und zu respektieren sowie mit dem eigenen Körper eins zu sein, gleichsam „ sich in sich wohl zu fühlen“. Selbstakzeptanz bedeutet also: „Ich bin wie ich bin und nicht anders, und das ist gut so!“

Selbstvertrauen bezieht sich auf die positive und realistische Einstellung zu den eigenen Fähigkeiten und Leistungen, d. h. sich klar darüber zu sein (bzw. zu werden), etwas gut zu beherrschen und zu erreichen, durchzuhalten, aber auch sein lassen zu können. Man traut sich also bestimmte Fähigkeiten zu, wie bspw. handwerklich geschickt zu sein, zeichnen oder kochen zu können etc. Die positive Einstellung zu den persönlichen Kompetenzen bedeutet bspw. auch realistisch einschätzen zu können, wie die  beruflichen  Aufgaben am besten zu bewältigen sind. Ein gutes Selbstvertrauen unterstützt sowohl dabei ein Ziel real und überprüfbar zu erreichen und  Erfolge zu erleben, als auch eine „gesunde“ Frustrationstoleranz und ein stabiles Durchhaltevermögen zu entwickeln. Die soziale Bewertung, also die Fremdeinschätzung hinsichtlich des eigenen Handelns, spielt für die Entwicklung unseres Selbstvertrauens ebenfalls eine große Rolle, da wir unsere Selbsteinschätzung immer der Fremdeinschätzung gegenüberstellen, und es uns wichtig ist, dass beide Sichtweisen möglichst gut übereinstimmen.

Die soziale Kompetenz beschreibt das Erleben von Kontaktfähigkeit, wie z.B. den Umgang mit unseren Mitmenschen, das Vertrauen, sich schwierigen Situationen gewachsen zu fühlen oder die Fähigkeiten, flexibel zu reagieren und positive Resonanz zu spüren sowie Nähe und Distanz regulieren zu können. Zu den sozialen Kompetenzen zählt auch die Fähigkeit, selbst Grenzen zu ziehen und es andererseits auch auszuhalten, wenn andere Grenzen ziehen.

Unter dem sozialen Netz ist das Eingebundensein in positive, soziale Beziehungen, wie bspw. in eine befriedigende Partnerschaft, in stabile Familienbeziehungen und gute Freundschaften zu verstehen. Immens wichtig für die Tragfähigkeit eines sozialen Netzes ist neben dem Gefühl,  sich auf seine Bezugspersonen verlassen zu können, auch die Bereitschaft, selbst verlässlich zu sein. Zu erleben, dass man einander wichtig ist, einander respektiert  und gegenseitig akzeptiert, stärkt das soziale Netz und unterstützt den persönlichen Selbstwert.

Viele „Bausteine“ dieser  einzelnen Säulen können einen positiven Selbstwert ergeben und spielen eine wichtige Rolle bei der Frage, ob und inwieweit man sich selbst respektieren, wertschätzen und annehmen kann.


Liebe LeserInnen, wie ist es mit Ihren Selbstwert-Säulen bestellt? Das Team von ´mcb unterstützt Sie gerne dabei, wenn Sie die unterschiedlichen Bausteine Ihrer Selbstwert-Säulen näher kennenlernen und im Alltag umsetzen wollen.  >>Feedback<<


Literatur:
Psychologie heute, Ausgabe Oktober 2014
Potreck-Rose F., Jacob G. (2010): Selbstzuwendung, Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen,

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