Familienbande 2 - Family goes Patchwork

Sitzen Sie auch manchmal vor dem Fernseher und lachen herzlich über Familienkonflikte in Ihrer Lieblings-Serie? Die Familienbeziehungen in solchen Sitcoms sind meistens ein bisschen verworren und entsprechen nicht ganz dem Familienbild, das viele von uns gewohnt sind. Außerdem werden die Erlebnisse dieser Familienmitglieder sehr überspitzt dargestellt, um das Publikum zu amüsieren. Nein? Sie finden, dass Sie einige Erlebnisse Ihrer SerienheldInnen an eigene Erfahrungen mit Ihrer Familie erinnern und dass zumindest ein paar Szenen „realitätstauglich“ sind? Mit dieser Meinung sind Sie wahrscheinlich nicht allein und wir heißen Sie herzlich willkommen im Alltag aller Familienmitglieder, unabhängig vom jeweiligen Familienmodell. Denn zwei wichtige Punkte verbinden wohl alle familiären Gemeinschaften – die Unterschiedlichkeit der Familienmitglieder und die Komplexität der familiären Bande. 

Viele Menschen wagen nach gescheiterten Beziehungen wieder einen Neuanfang. Sie verlieben sich sehr oft in PartnerInnen, die selbst bereits Kinder aus früheren Beziehungen haben. Dadurch entsteht das Patchwork-Familienmodell, von dem viele Menschen annehmen, dass diese bunte Neu-Formierung ein Familienkonzept für Fortgeschrittene ist und dass es einige Zeit braucht, bis sich aus der Vielfalt eine Einheit bilden kann. 
Wie viel Chaos verträgt eine Patchworkfamilie? Mit dieser Frage startete ein unlängst gelesener Ratgeber, der dazu verleitet, herzlich zu schmunzeln. Denn eigentlich müsste es wohl heißen: Wie viel Chaos vertragen alle Familien und wie gehen Patchwork-Familien mit ihrer teilweise noch größeren Unterschiedlichkeit um? Die Antwort ist wahrscheinlich vorhersehbar – sie suchen das Gespräch miteinander und erzählen darüber, wie es ihnen geht. Das, was so selbstverständlich klingt, ist ein sehr wichtiger Rat von FamilientherapeutInnen. Sie empfehlen den Patchwork-Eltern ein wöchentliches Gespräch zu zweit in ungestörter Atmosphäre, wo sie über ihre Gefühle sprechen können und ein wöchentliches Gespräch als Patchwork-Familie, wo alle Mitglieder erzählen können, wie es ihnen in der neuen Familienkonstellation geht und welchen Herausforderungen sie sich im täglichen Miteinander stellen müssen.

Die Antworten aus diesen Gesprächen sind wohl so unterschiedlich, wie die Familienmitglieder selbst. Manche Patchworkeltern empfinden die Konkurrenz zur leiblichen Mutter oder zum leiblichen Vater ihrer Patchwork-Kinder als sehr belastend und fühlen sich deshalb sehr oft ausgeschlossen. Andere Patchworkeltern müssen erst mit der Unterschiedlichkeit der eigenen und der Patchwork-Kinder klar kommen und einen Mittelweg finden, wie sie in der neuen Rolle als Patchwork-Mutter / Vater bei Konflikten agieren, ohne ständig in der Vermittlerrolle gefangen zu sein. Und die meisten Patchwork-Eltern empfinden die „doppelte“ Verantwortung als zeitraubend, weil sie wegen den vielen organisatorischen Aufgaben wenig Zeit füreinander haben. Ihre Liebesbeziehung leidet unter notorischer „Vielsamkeit“, das heißt, dass ungestörte Zweisamkeit nur mit organisatorischen und menschlichen Meisterleistungen möglich ist. 

Die Kinder hingegen beklagen sehr oft über Differenzen in der Handhabung von Familienritualen und Familienregeln, die für sie neu und teilweise noch sehr ungewohnt sind. Viele  Kinder brauchen ein paar Monate bis sie sich an die neuen Patchwork-Familienmitglieder gewöhnt haben. In vielen Fällen wünschen sich die Kinder, die gewohnten Familienstrukturen zurück, weil sie die Trennung ihrer leiblichen Eltern noch nicht verarbeiten konnten. Auch in diesen Fällen braucht es ein offenes Gespräch, um den Kindern Sicherheit zu vermitteln. So können sie begreifen, dass ein Neuanfang als Patchwork-Familie kein Abschied aus der Beziehung zur leiblichen Mutter oder zum leiblichen Vater bedeutet. Manchmal hilft die Sichtweise, dass die Patchwork-Eltern und Patchwork-Geschwister ein Bonus sind, den sie als Ergänzung zu ihrer Kernfamilie nutzen können und dass die Liebe zu Mama und Papa bleiben darf.  Neben Geduld und Verständnis brauchen wohl alle „Patchworker“ eine große Extra-Portion Humor, damit das Unterfangen „Family goes Patchwork“ ein Erfolg werden kann. Gemeinsam verbrachte Zeit der Kinder mit ihrer leiblichen Mutter / mit ihrem leiblichen Vater stärken das Selbstvertrauen des Nachwuchses und die Beziehungen in der Kernfamilie. Dies wirkt sich zudem sehr positiv auf das Klima in der Patchwork-Gemeinschaft aus, das natürlich auch von gemeinsamen Aktivitäten aller Patchwork-Familienmitglieder profitiert. Durch Spaß und gemeinsamen Unternehmungen kann die Patchwork-Familie erleben, dass sie auch als „zusammengewürfelte“ Mannschaft eine tolle Einheit bilden kann. Sehr oft entstehen auf diesem Wege freundschaftliche Koalitionen zwischen Patchwork-Familienmitgliedern, die sehr bereichernd sein können. Unlängst sagte ein Teenager, der sehr viel Erfahrung mit „Patchwork“ hat, dass sein  Patchwork-Bruder sein bester Freund wäre, obwohl er nicht mit ihm verwandt, dafür aber eng befreundet sei. Sehr oft entstehen auf solchen Wegen neue Familienbande, die nicht immer ganz klassisch, dafür aber oft sehr klasse sind.

Liebe LeserInnen, wenn Sie sich gerne mit uns über dieses Thema austauschen würden, dann freuen wir uns auf Ihre Terminvereinbarung! <<Feedback>>
Ihr mcb´Team

 

Literaturliste:
Juul, Jesper (2015): Aus Stiefeltern werden Bonuseltern; Chancen und Herausforderungen für Patchwork-Familien
Starke, Claudia; Hess, Thomas; Belviso, Nadja (2015): Das PatchworkBuch: Wie zwei Familien zusammenwachsen

 

Aktueller Newsletter