Beleidigte Leberwurst

In alten Zeiten galt die Leber als Sitz der Lebenssäfte und damit auch der Gefühle und Empfindungen. Gelehrte gingen davon aus, dass sich Zorn, Ärger, Angst und Groll in der Leber anstauen. Diese Gefühle können sich im Zuge einer Kränkung zeigen. Läuft uns - im wahrsten Worte des Sinnes - eine „Laus über die Leber“, verspüren wir oftmals Groll und zeigen uns beleidigt. Der Grund dafür könnte sein, dass wir uns im Kern tief getroffen fühlen und das Gefühl verspüren, dass uns andere übel mitspielen. Wie können wir uns nun aus dieser Kränkungsspirale herausziehen?

Primär ist es wichtig, sich die Kränkung einzugestehen und anzuerkennen, dass uns das Verhalten einer bestimmten Person sehr getroffen und möglicherweise überfordert oder gar aus der Bahn geworfen hat. Wenn wir den Schmerz, die Scham oder unsere Angst abwehren und gegenüber dem anderen mit Schuldzuweisungen reagieren, dann manövrieren wir uns automatisch in eine Art Opferhaltung. Beispielsweise denken wir: „Ich bin arm und muss leiden, weil der unsensible Partner, der ignorante Chef oder die treuelose Freundin gemein zu mir ist“.

Wenn wir uns beleidigt zurückziehen und unsere „Wunden lecken“, geben wir meist automatisch die Verantwortung für unser Leid an andere bzw. nach außen ab. In dieser Haltung haben wir keine Chance, eine Veränderung herbeizuführen und das Problem, welches als Auslöser für die Kränkung zu sehen ist, konstruktiv zu lösen. Stattdessen machen sich Zustände wie Racheimpulse, Trotz, Empörung und Minderwertigkeitsgefühle aufgrund dieser Kränkungssituation breit.

Wenn wir hingegen unsere Gefühle wahrnehmen, zulassen und annehmen, sind wir nicht mehr in einer gekränkten Haltung verhaftet, sondern fühlen uns bspw. ängstlich, wütend, beschämt oder traurig. Sprechen wir diese Gefühle bei unserem Gegenüber an, dann sind wir kongruent und es kommt Ruhe in unser inneres System. Daraus entwächst die Kraft, sich innerlich wieder stabiler zu erleben, weil wir Verantwortung für das, was in uns passiert, übernehmen. Wenn wir diese Emotionen ansprechen, sorgen wir dafür, dass es uns wieder bessergeht. Lassen wir die Verantwortung beim Gegenüber, fällt diese Option weg.

Wir haben die Wahl, uns für die Aufrechterhaltung oder die Überwindung einer Kränkung zu entscheiden. Natürlich scheint es zunächst verführerisch, über das Verhalten anderer oder über bestimmte Gegebenheiten zu jammern. Dies führt uns jedoch in eine Sackgasse, denn zum einen haben wir in der Opferrolle weniger Handlungsmöglichkeiten und zum anderen machen wir uns mit dieser Haltung auch einen Teil unserer schönen Lebenszeit kaputt.

Sekundär ist es von Vorteil, sich die Frage zu stellen, inwiefern das, was uns trifft, überhaupt mit uns persönlich zu tun hat? Beispielsweise gibt es gesetzliche Regelungen, an denen sich Entscheidungsträger orientieren. Es kann passieren, dass wir uns aufgrund einer Entscheidung, die nicht unseren Wunschvorstellungen entspricht, benachteiligt sowie ungerecht behandelt fühlen und diese persönlich nehmen. Doch diese Regelungen haben nichts mit uns als Person zu tun, denn sie treffen genauso andere, welche sich in der gleichen Situation wie wir befinden.

Natürlich erleben wir Kränkungssituationen, in denen wir nicht sofort die Kraft haben, um aktiv an die Sache heranzugehen, sondern fühlen uns vorerst ohnmächtig und hilflos. In solchen Momenten kann es hilfreich sein, sich Impulse von außen zu holen, bspw. von den Mitarbeiterinnen der Abteilung ´mcb, um einen veränderten Umgang mit Kränkung einzuleiten und neue Lösungsmöglichkeiten zu finden. >>Feedback<<

 

 

Weiterführende Literatur:
Wardetzki, Bärbel (2016): Will ich mich weiter als Opfer fühlen? In: Psychologie Heute. Juni 2016. S. 24 - 26. Weinheim: Beltz GmbH.
Wardetzki, Bärbel (2005): Mich kränkt so schnell keiner! Wie wir lernen, nicht alles persönlich zu nehmen. 5. Auflage. München: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co KG.

 

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