Rache oder doch Vergebung?

Rache oder Vergebung? Zu vergeben ist eine Entscheidung, die zum einen Mut und zum anderen einen langen Atem braucht. Indem wir uns unseren verletzten Gefühlen stellen, bahnen wir uns einen Weg durch tiefe Emotionen wie Zorn, Hass, Scham, Angst Enttäuschung und/oder Trauer.

Wir alle erfahren auf unserem Lebensweg Kränkungen und Verletzungen unterschiedlichster Art. Das ist schmerzhaft, besonders dann, wenn sie durch Menschen geschehen, die uns sehr nahe stehen. Hier gerät dann unser Leben unversehens aus dem Gleichgewicht. Wut, Angst, Ohnmacht und/oder Traurigkeit ergreifen blitzschnell von uns Besitz. Unablässig und ununterbrochen kreisen unsere Gedanken dann um das erlittene Unrecht, und wir kommen von den Menschen nicht los, die uns so tief verletzt haben. Oftmals finden solche Verletzungen bereits in der Kindheit statt – „Wenn mir dies oder jenes damals nicht passiert wäre, könnte ich heute glücklich sein!“. So mutmaßen wir im Hier und Jetzt. Wir tragen anderen etwas nach und tragen jedoch selbst am schwersten daran. Das Problematische und vielleicht auch Heikle an der Weigerung zu verzeihen ist, dass wir uns dadurch nicht nur selbst an diejenigen binden, die uns Unrecht zugefügt haben, sondern wir binden uns auch an die Vergangenheit und überschatten damit unsere Gegenwart. Doch damit nicht genug – oftmals übertragen wir unseren unverarbeiteten Groll oder Hass auch auf unsere gegenwärtigen Beziehungen und verursachen dadurch neues Leid und Schwere, wenn bspw. eigene Kränkungserfahrungen von unseren PartnerInnen nicht verstanden und nachvollzogen werden können und dadurch eine unglückliche Konfliktdynamik aktiviert wird, die wiederum zu Verletzungen führt.

Auch wenn wir versuchen einen „Strich unter die Sache zu ziehen“ und „Gras darüber wachsen zu lassen“ wuchern Kränkungen oft unbemerkt weiter und vergiften unser Leben mit Bitterkeit und tief verletzten Gefühlen.  Nicht selten übernehmen dann Rachegedanken die Oberhand und wir verschwenden viel Kraft daran. Doch Rache heilt nicht den Schmerz, sondern verursacht noch mehr unnötiges Leid. Natürlich hofft und erwartet sich jeder Mensch nach erlittenem Unrecht ein Schuldeingeständnis des Anderen, gepaart mit der Bitte um Verzeihung. Doch solange wir unsere Vergebung davon abhängig machen, dass dies die Andere/der Andere tut, bleiben wir an den Menschen gekettet, der uns Schaden zugefügt hat und übergeben ihm somit sinnbildlich den  Schlüssel für unseren „Heilungsprozess“.

Vergebung sollte daher immer als eine selbstständige und bewusste Entscheidung für das eigene Lebensglück und die eigene Lebenszufriedenheit betrachtet werden. Geschehenes lässt sich nicht mehr rückgängig machen aber es ist in keiner Weise notwendig je gutzuheißen, was geschehen ist, bzw. was uns angetan wurde. Wir haben allerdings die Möglichkeit unterschiedliche Perspektiven zur Kränkung bzw. zum Kränkenden einzunehmen und uns mit solchen Fragen zu beschäftigen, die uns ein vielseitigeres Gesamtbild für den Weg der Vergebung bieten können. So kann es fürs Erste hilfreich sein, eine bewusste Entscheidung dafür zu treffen, die Verletzung als Chance zur eigenen Weiterentwicklung zu sehen und nicht als Anlass für Rache oder Resignation. Gelingt dies, so können wir uns aus der Ohnmacht, in der Kränkung gefangen zu sein, befreien und uns mit Fragen der Selbsterkenntnis auseinandersetzen, die uns zu einem tieferen Verständnis unserer Verletzungen führen können. Fragen wie: „Vielleicht hatte ich ja zu hohe Erwartungen?“, „ Vielleicht ist es mir nicht gelungen, rechtzeitig Grenzen zu setzen?“, „Vielleicht habe ich meinen wahren Bedürfnissen viel zu wenig Gehör geschenkt?“, etc., können dabei hilfreich sein.

Wer Verantwortung für die eigenen Anteile an der Situation übernimmt, erlebt sich nicht länger als ohnmächtiges Opfer eines Aggressors, sondern lernt sich selbst als Teil eines komplexen Beziehungsgefüges kennen, welches er selbst mitgestalten kann. Dies darf jedoch auf keinen Fall bedeuten, die Verantwortung nur bei sich alleine zu suchen, zumal es auch Übergriffe und Verletzungen gibt, an denen die Konfliktpartner die alleinige Schuld tragen. 

Menschen besitzen die erstaunliche Fähigkeit, schmerzvolle Lebenserfahrungen nicht nur zu meistern, sondern auch daran zu wachsen. In diesem Zusammenhang möchte Ihnen das Team von ´mcb gerne beratend Unterstützung anbieten: „Wie könnten Ihre ersten Schritte aussehen, wenn Sie sich auf den Weg der Vergebung machen?“
Ihr ´mcb Team >>Feedback<<

Literatur
Luskin, F. (2003): Die Kunst zu verzeihen. München: mvg.
http://www.bewusster-leben.de/zeitschrift
http://www.zeitzuleben.de/die-kunst-anderen-zu-verzeihen/

 

Aktueller Newsletter