Rituale - sinnvoll oder sinnlos?

Sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext zelebrieren Menschen, beeinflusst durch kulturelle und religiöse Haltungen, die unterschiedlichsten Rituale. Angepasst an den jeweiligen sozialen Raum dienen sie als Praktiken zur Erzeugung und Festigung sozialer Gemeinschaftsformen und prägen somit unsere Gesellschaft.

Führungskräfte vertrauen auf den Einsatz von Ritualen, um die Gemeinschaft des Betriebes erfolgreich zu steuern. Lange Zeit konnte ein Rückzug von Ritualhandlungen beobachtet werden, jedoch heute werden Ereignisse wieder bewusst im rituellen Rahmen gestaltet. Durch tiefgreifende organisationale Veränderung wie etwa im Rahmen einer Umstrukturierung, einer Fusionierung oder des Outsourcings fühlen sich manche Mitarbeitende im „luftleeren Raum“. Diese Leere könnte mittels Ritualen gefüllt werden. Es gilt immer zu bedenken, dass auch die flexiblen Mitarbeitenden des modernen Arbeitsalltags, die jederzeit überall einsetzbar scheinen, ab und zu ein Stück Heimat (vergleichbar mit einem Lagerfeuer) benötigen, wo sie sich miteinander austauschen und wohlfühlen können.

Nach dem Ritualverständnis von Echter, Soziologin und Topmanagement-Beraterin, kann zum einen der morgendliche Besuch in der Raucherecke, der Kantinenbesuch zu Mittag oder der Nachmittagscapuccino beim Kaffeeautomaten diese soziale Funktion erfüllen. Diese täglichen informellen Rituale besitzen in bestimmten Fällen soziale Relevanz, die über den offensichtlichen Zweck, wie etwa der Nahrungsaufnahme, hinausgehen. Soziale Funktionen wie etwa die Festigung der Zugehörigkeit aber auch die Abgrenzung gegenüber anderen, werden mit diesen Ritualen ausgeführt. Formell gestaltete Rituale, beispielsweise die Weihnachtsfeier, festigen oder erneuern die hierarchische Ordnung und fördern die Zusammengehörigkeit.

Werden Rituale gepflegt, können schwierige oder neu auftretende Situationen innerhalb des Teams effizienter gemeistert werden. Denn sie forcieren ein gutes Betriebsklima und helfen, gemeinsame Ziele zu fokussieren. Teams ohne Ritualhandlungen sind häufig konfliktbeladen. Rituale erleichtern die Bewältigung komplexer Situationen, indem sie durch Wiederholung krisenhafte Ereignisse in routinierte Abläufe überführen. So erleichtern rituelle Handlungen das Treffen von Entscheidungen und die Kommunikation. Durch das Wiederholen von Vertrautem wird Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Mithilfe von Ritualen werden übergeordnete Werte und Normen vermittelt, wodurch sich die Organisation als soziale Einheit definiert. Des Weiteren werden negative Gefühle reduziert und positive Gefühle stimuliert, wodurch Versöhnung und Integration gefördert werden.

„Ohne Rituale wäre Gemeinschaft nicht möglich“
Christoph Wulff (Prof. für Anthropologie und Erziehung)

Nach Echter besteht ein Zusammenhang zwischen Erfolg und Ritualen. Sie sieht einen direkten Zusammenhang zwischen dem Wachstum und den Erfolgen eines Unternehmens in Abhängigkeit von dem Erfolgsgefühl und der Lebensfreude seiner Führungsperson. Diese Gefühle können durch gezielte Rituale gefördert werden: Aufmerksamkeits- und Glücksrituale helfen, etwas zu verstärken und zum Wachsen zu bringen, indem Führungskräfte bewusst den Fokus darauf setzen. Die positiven Aspekte einer Sache zu betrachten macht nicht nur glücklicher, sondern verhilft zu noch mehr Motivation.

Bitte achten Sie darauf: Nicht jedes Ritual passt zu jedem Team bzw. Unternehmen. Bei der Wahl eines Rituals sollte auf die Teammitglieder und die Unternehmenskultur geachtet werden. Alte Rituale sollten nach ihrer Sinnhaftigkeit hinterfragt und bei Bedarf an die Veränderungen des Teams oder des Unternehmens angepasst, verabschiedet oder gar durch ein Neues ersetzt werden. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die vermittelten inhaltlichen und emotionalen Botschaften bei den Mitarbeitenden keine widersprüchlichen Gefühle auslösen können. Wird etwa im Mitarbeitergespräch betont, dass mehr Zeit in die Kundenbetreuung zu investieren ist und werden gleichzeitig zu hohe quantitative Verkaufsziele gesteckt, die im Gehaltsschema Berücksichtigung finden, dann ist das Ritual dysfunktional.

Wie denken Sie über Ritualhandlungen? Welche Rituale werden in Ihrem Team gelebt und welchen Zweck erfüllen sie? Inwiefern erachten Sie Rituale als hilfreich? Oder denken Sie, dass Rituale für das Teamgeschehen hinderlich sind? Welche Rituale könnten Ihre Mitarbeitenden noch brauchen und welche sind bereits überholt?

Das Team von mcb steht Ihnen gerne zur Verfügung, um mit Ihnen gemeinsam passende Rituale für Ihr Team zu kreieren.

 

Literatur:

Echter, Dorothee (o. A.): Führung braucht Rituale. Kompetenz - Rituale in der Arbeitswelt. Verfügbar unter: http://www.sichtart.at/media/kompetenz/Rituale.pdf.

Martens, Andree (2010): Die Rückkehr der Rituale. Führen durch Symbole. In: managerSeminare Heft 145, April 2010. S. 22 – 28. Verfügbar unter: http://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Fuehren-durch-Symbole-Die-Rueckkehr-der-Rituale,192285.

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