Kopf oder Bauch?

Noch einmal die Schlummer-Funktion des Weckers drücken oder doch gleich aufstehen? Ziehe ich einen Rock oder eine Hose an? Soll ich ausgiebig frühstücken oder doch nur eine Tasse Kaffee trinken? Täglich treffen wir unzählige Entscheidungen. Zumeist sind es nur Kleinigkeiten über die wir entscheiden und es ist uns zumeist gar nicht bewusst, wie viele Entscheidungen wir pro Tag treffen. Es gibt aber auch große Entscheidungen, deren Konsequenzen sich maßgeblich auf unser Leben auswirken: Wechsle ich in eine andere Abteilung? Reduziere ich das Beschäftigungsausmaß? Soll ich Kinder bekommen oder nicht? Kaufe oder miete ich eine Wohnung?

Meistens sind es diese großen Entscheidungen, die „Kopfmenschen“ in der Nacht wach halten und tage- oder sogar wochenlang beschäftigen. Sie grübeln hin und her, wägen alle Vor- und Nachteile gegeneinander ab, um sich eine Übersicht möglicher Konsequenzen zu verschaffen und so die beste Wahl zu treffen. Ja, und dann gibt es jene Personen, die ihre Entscheidungen scheinbar intuitiv und spontan „aus dem Bauch“ heraus treffen.

Wie treffen Sie Ihre Entscheidungen: Eher mit dem Kopf oder doch aus dem Bauch heraus?

Grundsätzlich gilt, dass Entscheidungen letztendlich immer im Kopf getroffen werden, denn die Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten geht mit unzähligen Denkprozessen einher, die zwangsläufig im Gehirn ablaufen. Dennoch: Es gibt dieses Bauchgefühl, das lässt sich nicht leugnen.

Heute weiß man, dass das Nervensystem im Magen-Darm-Trakt von mehr als 100 Millionen Nervenzellen umhüllt ist. Somit besitzt das sogenannte Bauchgehirn weit mehr Neuronen als das Rückenmark. Zudem führen auch weitaus mehr Nervenstränge vom Bauch in das Gehirn als umgekehrt: „90 Prozent der Verbindung verlaufen von unten nach oben.“ (Geo, 2000_10). Das bedeutet, dass das Bauchgehirn autonom arbeitet und mehr Signale zum Kopf sendet, als es von dort empfängt. Glaubt man den Neurobiologen, kann dies letztendlich nur den Sinn haben, wichtige Informationen vom Bauchgehirn an das „große“ Gehirn zu senden und dort zu speichern. Diese gespeicherten Informationen (Emotionen und Körperreaktionen) stehen dem Gehirn, wie ein gigantischer Katalog, für zukünftige Entscheidungen zur Verfügung.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass jede Entscheidung die getroffen wird, nicht nur durch intellektuelle Kalkulation erfolgt, sondern massiv von jenen unbewussten Informationen aus dem Bauchgehirn mitgeprägt wird. Bei den kleinen, alltäglichen Entscheidungen ist uns dieses Mitwirken nicht bewusst. Sobald wir jedoch vor großen Entscheidungen stehen, werden wir durch den daraus resultierenden Stress sensitiver und nehmen wahr, dass sich da noch jemand – und zwar unser Bauchgefühl – zu Wort meldet.

Auch Armin Falk, Professor an der Universität Bonn, vertritt die Ansicht, dass gute Entscheidungen nie alleine vom Kopf, sondern stets auch aus dem Bauch heraus getroffen werden. Der Kognitionspsychologe Daniel Kahneman meint, dass beide Systeme auf ihre Art brillant wie fehlerhaft seien: „Die erfahrungsgetränkten Bauchgefühle der Intuition sind zwar ganzheitlich und rund um die Uhr tätig, entwickeln dabei aber einen fatalen Hang zu realitätsverzerrender Oberflächlichkeit und Faktenignoranz. Die rationale Logik des Kopfes wiederum ist präzise und detailgenau, aber nie dauerhaft einsetzbar und mit dem Versuch, der Komplexität aller Fakten gerecht zu werden, völlig überfordert. Kurz: Die Alternative ‚Intuition oder Ratio?‘ ist unsinnig – wir brauchen das Beste beider Systeme, eine gelungene Synthese.“ (Huber & Wolf, 2014)

Abschließend stellt sich die Frage, warum wir uns manchmal so schwer tun, eine Entscheidung zu treffen? Nach Ansicht von Doris Wolf,  Diplom-Psychologin, steht dies mit der Angst vor falschen Entscheidungen und deren Konsequenzen wie etwa Ablehnung oder Kritik in Verbindung. Darüber hinaus macht sich die Furcht bemerkbar, mit den negativen Konsequenzen einer Entscheidung nicht fertig zu werden.

Zumeist entstehen solche Ängste in der Kindheit – entweder haben wir gelernt, dass Fehler und Zuwiderhandeln abgelehnt und kritisiert wurden und somit schmerzhaft für uns waren. Oder wir durften als Kinder nicht die Erfahrungen machen, dass wir Entscheidungen treffen dürfen, weshalb es uns an Vertrauen in das eigene Handeln mangelt. All diese Erfahrungen sind sowohl auf körperlicher als auch auf geistiger Ebene abgespeichert und in Entscheidungssituationen wirksam.

Sollten Sie vor wichtigen Entscheidungen stehen, unterstützen Sie das Team von ´mcb coaching & beratung gerne auf Ihrem Weg hin zu Ihren individuellen Zielen.

 

Weiterführende Literatur:

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