"Vom berühmten Haar in der Suppe…."

„Herr Ober, in meiner Suppe schwimmt ein Haar!!!“, schreit ein Gast empört und der Kellner erwidert gelassen: „Keine Angst mein Herr, das beißt nicht, außerdem sind meine Haare frisch gewaschen!!“ So in etwa lautet doch ein sehr berühmter Witz, der neben dem Klischee doch auch einen weiteren Rückschluss zulässt – wie viel Haare verträgt unsere „Suppe“, sprich unser Leben und was definieren wir als Störfaktor für ein gelungenes „Menü“, sprich für eine gelungene Situation oder für ein tolles Erlebnis.

Kommt Ihnen folgendes Szenario auch ein wenig bekannt vor? Sie freuen sich auf ein bestimmtes Ereignis oder auf eine ganz bestimmte Situation. Voller Erwartung bereiten Sie sich darauf vor, sie malen sich den Event in allen Farben aus, sie bedienen ihr Kopf Kino als Regisseur der Extra-Klasse und immer wieder spulen sie einen Film vor ihrem inneren Auge ab, der Hollywood vor Neid erblassen lassen würde. Endlich kommt dann  der Tag X und….? …Und bringt dann nicht einmal ansatzweise den erhofften Effekt oder die erhofften Emotionen. Denn dort wo sie ungetrübte Freude oder vollkommenen Spaß oder gemütliche Harmonie erwartet haben, trüben kleinere oder größere Einschränkungen das heißersehnte Glück! So wie in dem oben beschriebenen Witz: Alles wäre doch so schön, wenn nicht, ja wenn nicht dies, das oder gar jenes passiert wäre!  In solchen enttäuschenden Situationen neigen wir alle manchmal dazu, die gesamte Situation und unsere eigene Person in Frage zu stellen.

Wir nennen ein Beispiel: Ein Brautpaar bereitet sich monatelang auf den großen Tag vor. Es organisiert das Essen und die Zeremonie, lädt Verwandte und FreundInnen ein und die Braut kauft sich ein wunderschönes Brautkleid. Braut und Bräutigam scheuen weder Kosten noch Mühen und versuchen alles menschenmögliche, um für Sie und  für die Hochzeitsgesellschaft einen wirklich gelungenen und unvergesslichen Tag zu gestalten. Freudige Erwartung begleitet sie bis zu dem Hochzeitsmorgen und voller Freude sehen sie der Trauung entgegen. Und dann, völlig ungeplant, passieren einige Pannen: Der Onkel fühlt sich während der Zeremonie nicht wohl, ein kleiner Schlawiner veranstaltet zwischen den Gästen in der Kirche laute Fangenspiele und lenkt dabei unabsichtlich alle Aufmerksamkeit auf sich, der Tante schmeckt die Vorspeise nicht oder eine lustig gemeinte Hochzeitsrede ist nur für den Redner wirklich amüsant….

Sie schmunzeln und denken sich, alles halb so wild und sind doch alles nur Kleinigkeiten? Wir stimmen Ihnen zu und fragen uns, ob unsere Sichtweise wohl zu einem großen Teil darüber entscheidet, wie wir das Gelingen einer Situation einschätzen. Und hängt es von unserem Fokus ab und von unserer Erwartung, was wir als wirklich störend empfinden und was einfach nur menschlich ist? Ist es unser teilweise zu hoher Anspruch an eine Situation oder an unsere Mitmenschen, die unsere Definition von „Gelingen“ bzw. „Nicht-Gelingen“ beeinträchtigt? Was denken Sie? Wäre es für das Brautpaar, möglicherweise sogar außerordentlich hilfreich, den Fokus auf all die anderen Dinge zu legen, die so gut gelungen sind und die reibungslos geklappt haben: Die Braut sieht wunderschön aus, der Bräutigam strahlt vor Glück, fast alle Verwandten sind begeistert von der Menüwahl und viele davon sind sogar ambitionierte Tänzer…. Wir könnten die Geschichte noch sehr viel weiter spinnen, denn es gäbe auf dieser Hochzeit, wäre sie realistisch passiert, sicher noch sehr viele Eindrücke und Highlights, die es wert  wären, hervorgehoben zu werden. 

Und während wir darüber nachdenken, wie filmreif wir uns manche Situationen ausmalen, fällt uns ein, dass alle wirklich berühmten Hollywoodfilme mit FilmheldInnen besetzt sind, die ganz viele Pannen bewältigen und mit unterschiedlichsten Herausforderungen des Alltags kämpfen müssen. Der Fokus liegt dann doch immer trotz aller Widrigkeiten und Widerstände auf einem möglichen Happy End, oder?
Vielleicht ist das berühmte Haar in der Suppe dann doch einfach nur ein „Special Effect“ des Lebens, der es zur Herausforderung macht und uns vor Perfektionismusfallen schützt? >>Feedback<<

Ihr mcb´Team


Literatur:
Stackelberg, Bettina (2013): Gut reicht völlig: Selbstbewusste Wege aus der Perfektionsfalle
Nuber, Ursula in Psychologie Heute Compact 2016; Heft Nr. 45, S. 58: Perfekt ist Langweilig

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