Vom Loslassen und Wiederfinden

Heuer kommen zum gewohnten Resümee, das manchmal wie ein liebgewonnenes Ritual ist, Sorgen und Gedanken dazu, die die derzeitige außergewöhnliche Situation und die veränderten sozialen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen betreffen. Dies führt oftmals zu Emotionen, denen wir in der Alltagsroutine wenig Raum geben können, weil wir mit unserem beruflichen und familiären Alltag beschäftigt sind. Verständlich, dass Vieles, derzeit vermeintlich Unwichtige in den Hintergrund tritt und die Gedanken sehr stark auf die äußeren Faktoren gerichtet sind, damit unser Zusammenleben funktionieren kann. 

Mit diesem Newsletter wollen wir dazu beitragen, dass Sie möglicherweise einen kurzen Moment innehalten und sich erlauben, den Fokus auf sich selbst zu lenken und sich ihrem persönlichen Jahresrückblick zu widmen. Meistens beschäftigen uns in diesem Zusammenhang unterschiedliche Dinge – wir überdenken Gewohnheiten und Situationen, die unser körperliches Wohlbefinden betreffen und manchmal natürlich auch beeinträchtigen; Ziele, die wir anpassen müssten, weil sie überhaupt nicht mehr den gegenwärtigen Bedürfnissen und Wünschen entsprechen; Fragen zu Situationen aus unserer Vergangenheit, unter deren Ballast wir oftmals leiden und die wir noch nicht vollständig abschließen konnten. Solche Reflexionen mögen im ersten Augenblick oftmals eine Herausforderung sein, im zweiten sind sie jedoch ein wesentlicher Motor für persönliche Entwicklung, denn manchmal behalten wir liebgewonnene, aber schädliche Verhaltensweisen und Lebensentwürfe lange Zeit bei, auch wenn sie uns schon länger belasten als glücklich machen. Genaugenommen sind aber konkret jene unbequemen Betrachtungen der Grundstein für wichtige Veränderungen, beispielsweise die Erreichung eines besseren körperlichen und psychischen Gesundheitszustandes oder die Ablösung von Situationen, Gewohnheiten und Personen, die uns nicht guttun. 

So eine positive Entwicklungsgeschichte möchten wir Ihnen gerne erzählen. Sie berichtet von Deidre, und sie zeigt, dass die Ablösung von vertrauten, aber nicht mehr adäquaten Zielen im Rückblick dennoch erfüllende Möglichkeiten bereithalten kann.   

Deirdre fing mit sieben Jahren wettbewerbsmäßig zu schwimmen an. Sie hatte großes Talent, eine erfolgreiche Schwimmkarriere bahnte sich an. Das Training und die Wettbewerbe bestimmten ihr Leben und ihre Lebensziele. Im Jugendalter entwickelte sie eine Sehnenscheidenentzündung in beiden Schultern und entgegen der Empfehlung ihres Arztes, mit dem Schwimmen aufzuhören, machte sie weiter. Sie erzählte den Buchautoren Bernstein und Streep, die ihre Geschichte veröffentlichten, dass ihr Selbstvertrauen, ihre Identität und ihr Selbstwertgefühl mit dem Schwimmen verbunden waren. Sie habe sich nach Anerkennung und Glücksgefühlen von ihren Schwimmerfolgen gesehnt und dafür beinahe ihre Gesundheit geopfert. Also quälte sie sich solange bis sie die Schmerzen endgültig zum Aufhören zwangen. Eine herausfordernde Zeit begann für Deidre als sie sich mit ihrer persönlichen Situation auseinandersetzen musste. Aber nachdem das Loslassen von ihrem ursprünglichen Ziel geglückt war und Deidre nicht nur den persönlichen Verlust sondern eine neue Chance erkennen konnte, passierte beinahe etwas Magisches. Durch die Veränderung und das Loslösen von altbekannten und gewohnten Zukunftszielen erfolgte eine neue Verknüpfung von Selbstwert, Selbstvertrauen und Identität. Dadurch entstand für das Mädchen Freiraum für eine neue berufliche Perspektive. Deirdre ist heute Therapeutin und die Lektionen, die sie damals gelernt hat, teilt sie nun mit ihren KlientInnen, wenn diese Probleme haben, festgefahrene und schädliche Situationen frühzeitig zu verlassen (Schäfer, 2020). 

Loslassen ist nicht einfach, es ist ein in vielen Fällen ein Prozess, der sowohl für unsere festgesteckten Ziele als auch für Beziehungen, oder unseren Ballast aus unserer Vergangenheit gilt. Oft reichen erste Schritte bereits aus, den gewünschten Veränderungsprozess einzuleiten. Um dies zu erleichtern, haben wir für Sie ein paar hilfreiche Tipps gesammelt.   

Innehalten und in sich hineinhören: Was macht mich in meinem Leben zufrieden? Was macht mich unzufrieden? Passt das Ziel, das ich mir gesteckt habe zu meinen Bedürfnissen? Gibt es Warnsignale meines Körpers, die ich bisher nicht beachtet habe? Welche negativen Gefühle möchte ich nicht mehr in mir tragen?

Entscheidung treffen: Treffen Sie eine Entscheidung, welchen Ballast Sie jetzt loslassen wollen. Dabei ist es wichtig, sich konsequent von den Belastungen zu lösen und Grübeleien wie „Hätte ich vielleicht doch noch länger warten sollen? Was wäre wenn…“ zu vermeiden. 

Das Wiederfinden: Formulieren Sie, was Sie gerne stattdessen erreichen bzw. gewinnen wollen. Das hilft dabei sich auf Chancen zu konzentrieren und sich emotional besser vom „Alten“ zu lösen. Das könnte beispielsweise ein attraktiveres Ziel sein, die Entwicklung eines neuen Lebensgefühls oder die Wunsch-Beziehung. 

Paket schnüren: Eine symbolische Handlung unterstützt den Ablösungsprozess. Schnüren Sie das Paket, das sie nun bereit sind abzugeben. Sie könnten beispielsweise verschriftlichen, was sie loslassen wollen, oder Dinge einpacken, die Sie mit dem Ballast in Verbindung bringen und deshalb loslassen möchten.  

Umsetzen des Neuen: Für die konkrete Umsetzung des Neuen ist es auch wichtig sich zu überlegen, wie Sie das Neue in ihren Alltag einbauen und leben können. Je konkreter Sie dabei ihr Verhalten zur Zielerreichung formulieren, desto leichter wird die gelungene Realisierung für Sie erkennbar. 

Liebe LeserInnen, wenn auch Sie dieses Thema gerade beschäftigt und Sie sich mit dem Loslösen näher auseinandersetzen wollen, unterstützen wir Sie gerne beim Schnüren Ihres persönlichen Pakets und beim Wiederfinden von Ihren Ressourcen, Chancen und Zielen. >>Feedback<<

Ihr ´mcb Team


Literatur: 
Schäfer, A. (2020). Psychologie Heute compact. Das Handtuch werfen. Heft: 63, S. 14-19. 
Streep, P. & Bernstein,A. (2014). Quitting. Why We Fear It -- and Why We Shouldn't -- in Life, Love, and Work. Da Capo Press: Farnsworth.

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