Gratuliere Mama, ich bin toll geworden :-)

Erfahrungsgemäß erfordert Muttersein ein überdurchschnittliches Maß an Einsatzbereitschaft, Motivation und Liebe und bietet……?

…..24/7 Verfügbarkeit und Erreichbarkeit, ständig wachsendes Auftragsvolumen und  Planungsunsicherheiten ebenso wie Konfliktpotentiale und allgemeingültige Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Sie kennen die Kriterien Ihres Anforderungskataloges als Mutter und haben sich dennoch mutig in die Aufgabe gestürzt? Ja, sogar nicht nur einmal, sogar mehrfach und dabei noch Ihre überdurchschnittliche Motivation und auch Leidensfähigkeit bewiesen?

Wir gratulieren zu Ihrem Enthusiasmus, der im besten Fall auch gleich noch ein motiviertes Umfeld beinhaltet, das sich unterstützend und fürsorglich zeigt. In vielen Familien sind Oma und Opa ein verlässliches Backup und somit eine wesentliche Säule für das Gelingen des organisierten und koordinierten Familienlebens, das Mama oftmals bis ins kleinste Detail plant und managt. Natürlich müssen die Großeltern den Erziehungsauftrag nicht mehr so ernst nehmen wie die Eltern, weshalb sie sich immer wieder auf den „Verziehungsauftrag“ konzentrieren. Woher der kommt? Laut Aussage engagierter Großeltern ergibt sich der „Verziehungsauftrag“ aus der Natur der Sache. Nach dem Motto: „Mama und Papa erziehen, Oma und Opa verwöhnen und die Kinder gedeihen somit in bester Atmosphäre. Ist doch logisch, liebe Mütter, oder? 

Ganz so einfach ist es leider nicht, Muttersein beinhaltet so viele Herausforderungen und Belastungen, die in Hochglanzmagazinen völlig verklärt und nicht der Realität entsprechend dargestellt werden. Viele Mütter zweifeln immer wieder an sich selbst und phasenweise begleitet sie das Gefühl, keine gute Mutter zu sein. Es ergeben sich zu diesem Thema mehrere große Konfliktzonen, die es den Müttern erschweren, einen individuellen und adäquaten Zugang zu ihrer Mutterrolle zu finden. So erzeugen beispielsweise überholte Mutterbilder, Idealvorstellungen, die die Anforderungen einer bindungsorientierten Erziehung ausblenden und die moderne Mutterrolle im Spannungsfeld von Berufstätigkeit und Mehrfachverantwortlichkeiten nicht realistisch wiederspiegeln.

Gesellschaftliche Erwartungen, die suggerieren, dass Karriere und moderner Lifestyle spielend unter einen Hut gebracht werden können, erzeugen ebenfalls großen Erwartungsdruck. Dabei können eben genau diese „Diktate“ verklärter Sichtweisen mit den Bedürfnissen von Kindern in Konflikt geraten. Etwaige Unsicherheiten der Mütter, die aus deren Kindheit resultieren und Selbstzweifel erzeugen, werden manchmal belächelt und nicht als Auswirkung von persönlichen Erfahrungen oder Ausdruck von selbstreflektiertem Handeln anerkannt. Zudem geraten Mütter immer wieder unter Druck, wenn sie sich mit anderen Eltern vergleichen und diese in ihrer Wahrnehmung die Elternrolle „besser“ erfüllen. Natürlich entspricht die Außensicht nicht immer der beobachteten Familienrealität, sondern eher einer Momentaufnahme. Denn auch diese Mütter berichten im offenen Austausch von ähnlichen Unsicherheiten, die aus der Außensicht nicht wahrgenommen werden können, in diesem Moment jedoch das Bild einer perfekten Familie vermitteln.

Und ganz ehrlich, sehr oft wirkt es ja nicht nur so, sondern es fühlt sich genauso an – wunderschön und perfekt. Das sind jene Glücksmomente in denen uns die Kinder die Rückmeldung geben würden, dass sie und wir wirklich ganz toll geworden sind. ;-)

Also, liebe Mütter, im Sinne von Wertschätzung und Respekt uns und unserer wichtigen Rolle gegenüber, wäre es sicher fair, unsere Bemühungen anzuerkennen und eine angemessene Erwartungshaltung einzunehmen und deshalb Vergleiche so gut wie möglich zu vermeiden. Jede Mutter ist in andere familiären und beruflichen Kontexte eingebettet, die eben nicht immer einfach verglichen werden können. Das Gefühl, das beste in dem Augenblick zu geben und sich kleine Auszeiten zu gönnen, in denen Sie Kraft und Energie tanken können, um für diese gleichermaßen schöne wie auch beängstigende Aufgabe über Jahre hinweg gerüstet zu sein, das raten sehr viele Expert:innen. Gespräche mit anderen Müttern erzeugen Verbundenheit und wenn die Frauen offen über Erziehungsfragen sprechen können, entsteht ein wirklichkeitstreues Bild, das den gefühlten Druck reduziert.

Und manchmal genügt es einfach, sich bewusst zu sein, dass unsere Kinder Fehler sehr gut verzeihen können. Wir sollten ein gutes Vorbild sein und mit Ihnen darüber sprechen. Es ist wichtig,  ihnen  so ehrlich und altersgerecht wie möglich zu vermitteln, dass wir nicht absichtlich falsch, sondern eben aus unterschiedlichsten Gründen nicht die richtigen Worte gefunden oder unpassende Handlungen gesetzt haben. Kinder können somit auch für ihre Mütter Verständnis entwickeln, denn die idealen Mütter gibt es nicht. 

Die Expert:innen sind sich einig, dass Interesse, Fürsorge, verständnisvolle Handlungen und konstante Präsenz, positive Entwicklung ermöglichen und Potentiale der Kinder fördern. In einem durchschnittlichen Leben bestehen nicht immer und zu jeder Zeit ideale Bedingungen. Demnach macht es Sinn, das Bestmögliche zu geben, sich aber auch bewusst zu sein, dass wir nicht immer richtig handeln.  So vermitteln wir den Kindern ein realistisches und lösungsorientiertes Bild von einer engagierten, liebenden, aber eben auch manchmal sehr menschlichen Mutter, die nicht immer ideal, aber dafür so gut wie möglich agiert und reagiert. So ganz nach dem Motto: „Gratuliere, Oma, ich bin auch toll geworden.“ :-)


Liebe Leser:innen, wenn Sie sich näher mit Ihrer Mutterrolle und den individuellen Anforderungen, Gedanken und Sorgen zu dem Thema auseinandersetzen möchten, stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. >>Feedback<<


Ihr mcb Team 


Literaturliste: 
Mierau, Susanne (2019): Mutter.Sein.: Von der Last eines Ideals und dem Glück des eigenen Wegs. Beltz Verlag. 
Psychologie Heute. Heft 8, August 2022; Seite 12-23: Frauen und ihre Mütter. Warum die Beziehung nie spannungsfrei ist-und wie ein liebevolles Verhältnis gelingt

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